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Kubas finanzpolitischer Drahtseilakt (Gelesen: 1473 mal)
30. Juli 2003 um 22:52
errue   Ex-Mitglied

 
Kubas finanzpolitischer Drahtseilakt

Nur die Tourismuskonjunktur auf der Karibikinsel zieht wieder an / Tabak- und Zuckerindustrie in desolatem Zustand

Von Knut Henkel



Die Kassen der kubanischen Regierung sind alles andere als gut gefüllt. Das belegt eine Richtlinie der Nationalbank, mit deren Hilfe Devisen aus der Wirtschaft gezogen werden sollen. Am 21. Juli erschien die Note der kubanischen Nationalbank in der Parteizeitung Granma. Mit der Verordnung wurden die Unternehmen des Landes aufgefordert, den Zahlungsverkehr mit kubanischen Geschäftspartnern auf den Peso Convertible umzustellen, statt des zuvor harten Dollar.

Der Rückgriff auf die kubanische Ersatzwährung, mit der man überall im Lande die Dollarrechnung begleichen kann, die aber außerhalb der Landesgrenzen keinen Cent wert ist, wirft kein gutes Licht auf die Devisenbilanz der Regierung in Havanna. Diese scheint trotz des sich wieder erholenden Tourismus in Liquiditätsschwierigkeiten zu stecken. Bis Ende Juni waren bereits eine Million Touristen in Kuba registriert worden, weitaus mehr als im gleichen Zeitraum der vergangenen beiden Jahre. Die Lokomotive der kubanischen Wirtschaft hat wieder Fahrt aufgenommen, doch andere Branchen, allen voran die Zucker- und Tabakwirtschaft hinken hinterher. Während bei Tabak ein Hurrikan für die prekäre Lage verantwortlich ist, steckt das Zuckergeschäft seit langem in der Krise. In diesem Jahr wurden noch nicht einmal die Produktionsergebnisse der im Juni abgeschlossenen Ernte preisgegeben. Schätzungen belaufen sich auf 2,1 bis 2,5 Millionen Tonnen. Das ist ausgesprochen wenig, liegt aber auf dem Niveau dessen, was Zuckerminister Usiles Rosales del Toro im vorigen August angekündigt hatte, als er die Umstrukturierung dieses Zweigs und den endgültigen Abschied von der Zuckerexportstrategie avisierte.

Gleichwohl scheint die Regierung auf die damit einhergehenden Devisenausfälle nicht ausreichend vorbereitet. Dafür ist nicht allein der relativ hohe Erdölpreis verantwortlich, der den Kubanern derzeit zu schaffen macht, sondern auch die verheerenden Folgen von drei Hurrikans, die die Insel zwischen November 2001 und Oktober 2002 verwüsteten. Auf 2,5 Milliarden Dollar hat die Regierung Castro die Schäden taxiert, von denen sich die fragile Inselökonomie noch lange nicht erholt hat.

Vor allem die Landwirtschaft hat mit Ernteausfällen und Exporteinbußen zu kämpfen, die durch zusätzliche Importe ausgeglichen werden müssen. Rücklagen für eine derartige Situation konnten in der vergangenen Dekade nicht angelegt werden - Kubas Regierung tanzt finanzpolitisch seit Jahren auf dem Drahtseil.

Mit teuren kurzfristigen Krediten wurden in der Vergangenheit immer wieder Löcher im Devisenhaushalt gestopft. Doch das Instrument ist angesichts der mit mehr als elf Milliarden Dollar hochverschuldeten Inselökonomie nicht beliebig einsetzbar. Auch die Dollartransfers von Verwandten aus Miami, die im vorigen Jahr der Interamerikanischen Entwicklungsbank zufolge auf mehr als 1,1 Milliarden Dollar anschwollen, können die Finanzengpässe der Regierung Castro nicht beheben. Also werden in den Unternehmen die Dollar abgeschöpft, um dringend benötigte Importe, vor allem Energie und Lebensmittel, zu ermöglichen.

In Kuba, wo Mitte der neunziger Jahre Angestellte des Finanzministeriums in Hotels und Dollarshops die Devisen einsammelten, um die Lieferungen im Hafen von Havanna cash bezahlen zu können, ist das nichts Neues. Doch auch nach neun Jahren mit positiven Wachstumszahlen ist ein Ende der prekären Finanzsituation nicht absehbar. Zudem klagen ausländische Investoren über das schwierige Geschäftsklima auf der Insel. Kanadas Außenministerium etwa warnte die Unternehmer des Landes bereits vor den Risiken des kubanischen Marktes.

Und auch die massive Verstimmungen zwischen der EU, dem wichtigsten Handelspartner der Insel, und Havanna könnten die Investitionsbereitschaft europäischer Unternehmen, vor allem aus Spanien und Italien, dämpfen. Deren Regierungen hat Kubas maximo líder erst in seiner Rede zum 26. Juli wüst beschimpft und die humanitären Hilfen der EU als "schändlich gering" bezeichnet. Auf diese Unterstützung will die Regierung trotz aller ökonomischer Not fortan verzichten - man brauche die EU nicht, um überleben zu können, meint Castro.

Frankfurter Rundschau

 
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