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Havanna kündigt Übernahme von spanischem Kulturzen (Gelesen: 2810 mal)
14. Juni 2003 um 22:20
errue   Ex-Mitglied

 
Samstag 14. Juni 2003, 20:55 Uhr
Havanna kündigt Übernahme von spanischem Kulturzentrum an

...
 
Havanna (AP) Im Streit mit der EU hat die kubanische Regierung am Samstag die Übernahme des Kulturzentrums der spanischen Botschaft in Havanna angekündigt. In einer Erklärung des Außenministeriums hieß es, Kuba ziehe seine Übereinkunft mit der Botschaft zurück, wonach diese das Kulturzentrum in einem renovierten historischen Gebäude in der Altstadt von Havanna betreiben kann. Die Übereinkunft stammt aus dem Jahr 1995 und wurde im September erneuert.

Die Regierung erklärte, das Zentrum sei zur Förderung der Opposition des Landes genutzt worden. Die spanische Regierung sei am Freitag über die Entscheidung informiert worden. Sie habe 90 Tage Zeit, das zweigeschossige Gebäude aufzugeben. Unter kubanischer Verwaltung werde das Zentrum künftig genutzt, um die besten Werte der spanischen Kultur in Kuba zu vermitteln. In dem Zentrum verkehrten im Lauf der Jahre namhafte Kulturschaffende wie der spanische Regisseur Pedro Almodovar oder der kubanische Schriftsteller Miguel Barnet.

Erst am Donnerstag hatten mehrere hunderttausend Menschen unter Führung von Präsident Fidel Castro gegen die Kuba-Politik der Europäischen Union protestiert. Der Protest richtete sich gegen eine Entscheidung der EU aus dem vergangenen Monat, ihre Politik gegenüber Kuba wegen der anhaltenden Berichte über Menschenrechtsverletzungen zu überdenken.


 
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Antwort #1 - 18. Juni 2003 um 15:10

uwe   Offline
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Beiträge: 1895
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Castro knebelt Spanien
Weltstadt Havanna
von Nikolaus Nowak

Bei der neuen Selbstisolation, die Fidel Castro mit frischem Ingrimm betreibt, klafft die Schere zwischen kulturellem Vermächtnis und revolutionärer Selbstdefinition wieder weit auseinander.


Castros Dialektik brandmarkt den Ex-Kriegsgegner Spanien (1898 gegen die USA) nun als "Epigonen" jener "faschistoiden Superpotenz", was sich "kritisch für die Menschheit" auswirke und zu einer "Bedrohung für die Globalisierung" werden könnte. Nicht weniger stehe auf dem Spiel, als die "Eindimensionierung" der Weltkultur - der sich Kuba selbstredend in den Weg zu stellen weiß.


Dass Spanien und Italien die "Isolation" der Karibikinsel betreiben und so sanften "Sanktionen" wie der Reduzierung europäischer Beteiligung an kubanischen Kulturfestivals oder der Einladung von Dissidenten in die Botschaften zu europäischen Nationalfeiertagen das Wort reden - als Antwort auf die Inhaftierung von 75 Regimegegnern und Hinrichtung dreier gewaltsamer Bootsflüchtlinge - hält man in Havanna für eine "infame" Anbiederung an den unilateralen Kriegsherrn in Washington.


"So wie die USA den Irak bombardierten, ist die EU auch am Tod von Millionen Kubanern schuldig", lautet die neue Revolutionsgleichung. "Europas Aufgabe ist es, den Mund zu halten", bramarbasierte der Máximo Líder zum "III. internationalen Kulturkongress" im "Carlos Marx"-Theater am Wochenende.


Um das durchzusetzen, lässt "El Comandante" nun das Spanische Kulturinstitut an der Seepromenade Malecón schließen. Oder besser: enteignen. Denn der "Kariatidenpalast" war zwar von Spanien für zwei Millionen Euro renoviert worden, blieb aber in kubanischer Hand und formal ein Annex der Botschaft, auf welchem Weg sich Havanna das Recht diplomatischer Einflussnahme sicherte.
Nun heißt es in einem Schreiben des Außenministeriums, das Zentrum, wo unter anderem spanische Autoren und Zeitungen zu lesen waren, habe "seine Aufgabe" nicht erfüllt, als da wäre "die Verbreitung der höchsten Werte hispanischer Kultur unter Anerkennung der kubanischen Rechtslage und Territorialvorherrschaft", wie 1995 vertraglich festgehalten.


Nach der "flagranten Verletzung" dieser Grundlage mache nun der Staat von seinem Recht Gebrauch, das Zentrum in eigener Regie zu führen und in "Kulturzentrum Federico García Llorca" umzubenennen - "nach einem der größten spanischen Poeten und Dramatiker, der 1936 vom Faschismus brutal ermordet wurde".


Mag dies für das für 2004 geplante Goethe-Institut, derzeit ebenfalls nur im Rang eines Kulturattaché an der deutschen Botschaft präsent, auf den ersten Blick wenig Gutes verheißen, gab Castro selbst am Wochenende aber Entwarnung: Anders als "Lakaienstaat" Spanien hätten Deutschland und Frankreich im Irakkrieg eine "würdige Haltung" eingenommen.

Artikel erschienen am 18. Jun 2003
 
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Antwort #2 - 07. Juli 2003 um 14:14

uwe   Offline
Administrator

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Beiträge: 1895
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Die Schließung des spanischen Kulturzentrums in Havanna ist Teil des Rundumschlags gegen regierungskritische Kultur
Jean-Claude Gué weiß, wem er die Absagen der Konzerte von Sin Palabras zu verdanken hat. Mindestens 15 der 30 geplanten Auftritte der kubanischen Band, die gerade auf Europatournee ist, wurden kurzfristig gecancelt, so Gué, französischer Repräsentant der Band. Für die Band, die Elektro und traditionelle kubanische Klänge fusioniert, dramatisch und Folge des diplomatischen Drucks seitens der EU.

Möglicherweise wird es zahlreiche kubanische Kulturschaffende in den nächsten Monaten nicht anders gehen. Die Luft auf dem lukrativen europäischen Kulturmarkt wird dünner, denn eine ganze Reihe europäischer Staaten sowie die Europäische Union haben angekündigt, die Zusammenarbeit mit der Karibikinsel zu reduzieren oder vorübergehend ganz aufzugeben. Kulturveranstaltungen mit kubanischen Künstlern, die aus öffentlichen Töpfen gefördert werden, könnten seltener werden.

Spanien hatte Ende April am schnellsten reagiert. Nach der international heftig kritisierten Verurteilung von 75 Dissidenten und der Vollstreckung von drei Todesurteilen gegen die Entführer einer Fähre blieb die spanische Delegation dem 15. Festival "La Huella de España" fern. Sehr zur Enttäuschung der Prima Ballerina Kubas, Alicia Alonso, die das Kulturfestival im Zeichen des Balletts mitorganisierte. Ihr Haus, das kubanische Nationalballett, hat in den letzten Jahren enge Beziehungen nach Madrid und Paris aufgebaut. Tourneen und das Ausbildungszentrum in Madrid könnten von den politischen Spannungen in Mitleidenschaft gezogen werden. So hat Frankreich jüngst erklärt, die Zusammenarbeit mit Kuba überprüfen zu wollen, während die EU bereits Anfang Juni beschlossen hat, politische Besuche und den kulturellen Austausch stark einzuschränken. Noch weiter ging die italienische Regierung, die nahezu sämtliche Kooperationsprojekte mit der Insel einstellte. So weit sind die Spanier trotz der Vorwürfe, Beschuldigungen und Beschimpfungen aus Havanna nicht gegangen.

Anfang Juni hatte Kubas Außenminister Felipe Pérez Roque die spanische Regierung beschuldigt, hinter der EU-Entscheidung zu stecken. Die und die darin enthaltene Einschränkung der kulturellen Kooperation sei ein "reaktionärer Akt", hinter dem Ministerpräsident José María Aznar stecke. Zudem beschuldigte der Außenminister die Verantwortlichen in Madrid, das spanische Kulturzentrum in Havanna nicht den Absprachen gemäß zu leiten. Das Programm des Zentrums sei eine "Herausforderung für die kubanischen Gesetze und Institutionen".

Worum es bei den Vorwürfen im Detail geht, ist bis heute von kubanischer Seite nicht erklärt worden. Möglicherweise ist das Informationsangebot des Zentrums, wo eben auch spanische Tageszeitungen und andere Informationen ausliegen, der kubanischen Regierung ein Dorn im Auge. Wie dem auch sei. Zwei Tage nach den Massenaufmärschen vor der spanischen wie italienischen Botschaft, bei denen Fidel Castro den spanischen Ministerpräsidenten als "Führerchen" beschimpfte, wurden die laufenden Verträge gekündigt. Am 14. Juni ging das entsprechende Schreiben in der spanischen Botschaft in Havanna ein. Das am Malecón, der Hafenstraße Havannas gelegene Centro, soll in kubanische Hände übergehen, um die "besten Werte der spanischen Kultur in angemessener Weise zu verbreiten", so die offizielle Note, die in den Medien verbreitet wurde. Auch einen neuen Namen wird das originalgetreu restaurierte zweistöckige Gebäude erhalten: Centro Cultural Federico García Lorca.

Die kubanische Regierung wird künftig diese Werte definieren. Die Message nach innen wie nach außen ist bekannt, und Fidel Castro persönlich hat sie in seiner Rede an die Intellektuellen bereits 1961 definiert: "Innerhalb der Revolution: alles! Gegen die Revolution: nichts!" Dieser Satz hat in Kuba seitdem Gültigkeit, doch es gab Zeiten, in denen es viel, und andere, in denen es wenig Spielraum gab. Derzeit gibt es scheinbar keinerlei Spielraum. Die Prozesse gegen die Dissidenten, die in Kuba als Verräter im Dienste der USA und nicht als Kritiker an den herrschenden Verhältnissen gelten, und die Hinrichtungen haben das deutlich gezeigt. Auf wenig Verständnis stieß das kubanische Vorgehen, das immer wieder mit einer drohenden Invasion der USA gerechtfertigt wird, allerdings auch bei einigen guten Freunden der kubanischen Revolution. José Saramago, der portugiesiche Literaturnobelpreisträger, hat der Regierung die Freundschaft gekündigt. Seinem offenen Brief in der spanischen Tageszeitung El País folgten viele weitere. Kuba hat Freunde verloren, und auch der Appell der kubanischen Intellektuellen, angeführt von Alicia Alonso und dem Schriftsteller Miguel Barnet, sich die Motive für das staatliche Handeln erklären zu lassen, wird daran vermutlich wenig ändern. Ändern werden sich aber voraussichtlich die Arbeitsbedingungen von Alicia Alonso und Co. Mit Absagen, wie sie Sin Palabras hinnehmen muss, müssen auch sie rechnen.

" KNUT HENKEL

taz Nr. 7097 vom 7.7.2003,
 
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