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"Gewerkschaftsdeppen ab nach Kuba" (Gelesen: 1855 mal)
28. Juni 2003 um 23:19
errue   Ex-Mitglied

 
"Gewerkschaftsdeppen ab nach Kuba"
Was die Nation über den Streik in Ostdeutschland denkt, lässt sich bei der Lektüre des virtuellen Gästebuchs der IG Metall erahnen
von Uwe Müller

Die IG Metall ist eine moderne Gewerkschaft. Und als solche pflegt sie natürlich auch den interaktiven Kontakt mit der Bevölkerung. Allerdings bereitet der Dialog in Tagen wie diesen erhebliche Probleme. Das gilt schon aus technischer Sicht - schmiert der Gewerkschaftsrechner doch immer wieder mal ab.


Das Angebot auf der Homepage, teilt die Online-Abteilung der IG Metall deshalb mit, sei leider "nicht oder nur eingeschränkt erreichbar". Wem es dennoch gelingt, in das überquellende virtuelle Gästebuch ("Da lohnt sich immer mal ein Blick") zu gelangen, erhält eine Ahnung davon, was die Nation über den Arbeitskampf in Ostdeutschland denkt.


Ob die Spitzenfunktionäre Klaus Zwickel und Jürgen Peters wohl auch die Einträge auf der IG-Metall-Seite lesen? Davon wäre ihnen dringend abzuraten. Könnte die Lektüre doch so manches Schockerlebnis auslösen. Und womöglich sogar zu Zuständen depressiven Selbstzweifels führen.


"Natürlich melden sich immer solche Leute zu Wort, die mit irgendetwas nicht einverstanden sind", beschwichtigt Online-Redakteur Robert Fuß. Dass es hoch hergeht, räumt er ein. Mehrere hundert Besucher hätten sich allein am Montag verewigt, so viele wie noch nie seit der Eröffnung des Gästebuchs vor rund acht Jahren.


Am Dienstag hat der erste User seinem Unmut bereits kurz nach Mitternacht freien Lauf gelassen. "Ich schlage vor: -Stunden-Woche für die Gewerkschaftsfunktionäre, damit uns weiterer Unsinn erspart bleibt", schreibt Lars um .13 Uhr und entschuldigt sich als "Noch-IG-Metaller bei allen Leuten von BMW und allen anderen Firmen, die unter diesem Minderheitenstreik zu leiden haben." Um die Mittagszeit gibt Michael Zeist zu Protokoll: "An Ihrer Stelle würde ich den eingeschlagenen Konfrontationskurs gründlich überdenken, da dieser Gift für Deutschland ist und das Volk berechtigter Weise gegen Sie aufbringt." Mit diesen Bewertungen zählen Lars und Herr Zeist zu den moderateren Kommentatoren des ostdeutschen Ausstandes.


Otto Krause prangert "das alte rotreaktionäre Denken" der Gewerkschaft an und Gregor die "große Lüge" der IG Metall, die ständig behaupte, eine "'demokratische' Mehrheit" sei für Streik. Nicht die ostdeutsche Arbeiterschaft, sondern eine "gefrustete Gefolgschaft von Altkommunisten aus dem Westen" führe Regie. Herbert Walther attackiert die Aktionen, mit denen Arbeitsplätze in strukturschwachen Regionen gekillt würden, als "zutiefst unsozial", und Jens findet, dass damit "das Land endgültig in den Ruin" getrieben wird.


Selbstverständlich gibt es auch einige Streikbefürworter. Sind es fünf Prozent derjenigen, die das Forum nutzen? Bei einer 95-prozentigen, zum Teil geharnischten Ablehnung? "Von der Tendenz her stimmt das", gesteht IG-Metall-Mitarbeiter Fuß. Offenkundig hat die Gewerkschaft ein echtes Vermittlungsproblem.


"R." fragt rhethorisch: "Warum wandert ihr Gewerkschaftsdeppen nicht nach Kuba aus?" Den Grund für die wenig feine Tonlage liefert der Schreiber gleich mit. Dank der IG-Metall-Schwestergewerkschaft Verdi habe er seinen Job verloren: "Die haben es meinem Arbeitgeber mal so richtig gezeigt - der verdammte Ausbeuter ist jetzt pleite." Der Appell des Entlassenen: "Tretet aus aus diesem Scheißverein!" Diese Bemerkung hat Redakteur Fuß nicht getilgt. Andere schon: "Es gibt da einfach unflätige Sachen." Jedes Mal führen die Eingriffe zu Protesten. "Besonders perfide ist, dass hier etliche unliebsame Beiträge einfach gelöscht werden" notiert jemand, der sich den Namen "Weg-mit-der-IG-Metall" gegeben hat. Und "Noch ein Zensierter" meint: "Eure Bosse beschimpfen die Streikbrecher, dann wird es wohl doch auch erlaubt sein, Eure Bosse zu beschimpfen."


Ob der interaktive Kontakt mit der Bevölkerung in der Frankfurter Gewerkschaftszentrale Eindruck macht? "Das wird in unserem Haus sehr wohl registriert", sagt Robert Fuß. Welche Folgerungen daraus gezogen werden, will er aber nicht verraten.


Artikel erschienen am 25. Jun 2003 in DIE WELT
 
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