URTEILSSPRUCH Zu viele Nackedeis gelten durchaus als Reisemangel
Ehepaar, das sich ohne Vorwarnung unter Nudisten wiederfand, bekommt Geld zurück
Wer sich bei einer Pauschalreise in einer Hotelanlage wiederfindet, in der sich unerwartet fast nur nackte Urlauber tummeln, hat ein Recht dazu, den abgeschlossenen Reisevertrag zu kündigen und einen Teil des Reisepreises vom Veranstalter zurückzuverlangen. Dies hat jetzt das Oberlandesgericht Frankfurt (OLG) im Fall eines Ehepaares entschieden, das einen Urlaub auf Kuba gebucht hatte und in der Ferienanlage zu seiner Überraschung von Nudisten umgeben war.
Gut 14 Tage hatten die beiden gebucht. In den ersten zwei Tage sah das Reiseprogramm einen Aufenthalt in Havanna vor, anschließend sollte die übrige Urlaubszeit in einer Hotelanlage mit frei stehenden Hütten verbracht werden. Während das Paar von dem Besuch in der kubanischen Hauptstadt sehr angetan war, sah es sich am Zielort fast nur unter Nackedeis jeglichen Alters umgeben.
Die Urlauber waren empört und beschwerten sich bei der Reiseleitung: Der Reiseveranstalter habe sie in keinster Weise darüber aufgeklärt, dass sie ein FKK-Urlaub erwarten würde. Die Reiseleitung bot ihnen daraufhin an, in ein sechsstöckiges Hotel zu ziehen.
Dieses Angebot lehnten die Urlauber ab. Ihren Urlaub in einem Betonklotz zu verbringen, sei nie ihr Wunsch gewesen. Sie kündigten den Reisevertrag und flogen zurück nach Deutschland.
Zu Recht, stellte jetzt das OLG fest, das damit vom Grunde her eine Entscheidung des Landgerichts Frankfurt bestätigte. Hier habe eindeutig ein Reisemangel vorgelegen, da sich weder aus dem Reiseprospekt noch aus den überreichten Reiseunterlagen ergeben habe, dass die Gäste in dieser Hotelanlage Freikörperkultur praktizierten. FKK aber, so die Richter, sei eine sehr spezielle Form der Urlaubsgestaltung, die nicht üblich und bei der Buchung eines insoweit nicht speziell ausgezeichneten Hotels auch nicht zu erwarten sei.
"Das Praktizieren von Freikörperkultur", meinte das Gericht, "vermag durchaus das Ästhetik- und Schamempfinden und damit die Urlaubsfreuden anderer Reisender erheblich zu beeinträchtigen. Es entspricht jedenfalls auch heute noch nicht jedermanns Geschmack, sich in einer derartigen Anlage aufzuhalten und fremde nackte Menschen um sich herum zu sehen." Insoweit sei die Situation für den Reisenden nicht mit derjenigen an Stränden zu vergleichen, an denen man ganz oder weitgehend textilfrei baden dürfe. Anders als dort könne sich nämlich der Urlauber in seiner Hotelanlage dem kaum entziehen. Der Reiseveranstalter habe für diesen Reisemangel auch einzustehen. Es sei ausreichend, dass die Ausübung von Freikörperkultur in der gebuchten Ferienanlage von dem dortigen Personal geduldet worden sei.
Das Gericht sprach den Urlaubern allerdings nicht die Erstattung des gesamten Reisepreises von rund 3300 Euro zu, sondern nur einen Betrag von 2080 Euro. Begründung: Teile der Reiseleistungen, wie etwa der Aufenthalt in Havanna, seien vom Veranstalter vertragsgemäß erfüllt worden. enk
• Das 13-seitige Urteil mit dem Aktenzeichen 16 U 143 / 02 ist beim Oberlandesgericht, Zeil 42, 60 313 Frankfurt gegen eine Gebühr von 50 Cent pro kopierter Seite erhältlich.
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