Kuba will Olympische Spiele der Armen
Havanna (dpa) - Als junger Mann praktizierte José Ramón Fernández den Modernen Fünfkampf, und nur ein Militärputsch verhinderte seine Teilnahme an den Olympischen Spielen 1952 in Helsinki. Später verteidigte er als Offizier sein Land gegen eine Invasion von Exilkubanern in der Schweinebucht.
Auch auf seine alten Tage hat der fast 80-jährige General a.D. noch Großes vor: Als Vorsitzender des Nationalen Olympischen Komitees (NOK) Kubas will er die Olympischen Spiele 2012 nach Havanna holen. Die Chancen der sozialistischen Karibikinsel, die es schon mit ihrer Bewerbung für 2008 nicht in die engere Auswahl geschafft hatte, sind gering. Doch Fernández meint, dass sich Kuba die Spiele mit seinen sportlichen Leistungen verdient habe.
Es sei außerdem ein Akt der Gerechtigkeit, einem armen Land der Dritten Welt den Zuschlag zu geben, nachdem die Spiele 15 mal an Europa, fünf Mal an Nordamerika, aber nur einmal - 1968 in Mexiko - an Lateinamerika vergeben worden seien, sagt Fernández bei einem dpa-Gespräch im Palast des Ministerrates in Havanna. Mit seinem Konzept der bescheidenen Spiele komme Kuba auch dem Wunsch von IOC-Präsident Jacques Rogge entgegen, den Gigantismus der Spiele zu begrenzen.
«Wir wollen sparsame, würdige, gut organisierte Spiele, in deren Mittelpunkt nicht die großen Zeremonien und nicht die Sponsoren, sondern die Athleten stehen», erläutert Fernández. Kuba sei ein sportbegeistertes Land. «Wir haben tausende von Sportstätten in- und außerhalb unserer Schulen gebaut, wir haben 50 000 Sportlehrer ausgebildet und 1500 Trainer in andere arme Länder geschickt. Dass wir als kleines und armes Land in Barcelona, Atlanta, Sydney immer unter den zehn Besten waren, ist kein Zufallsergebnis», sagt der NOK- Chef und stellvertretende Vorsitzende des Ministerrates, der von 1970 bis 1990 kubanischer Erziehungsminister war.
Allein bei den vergangenen drei Spielen gewann Kuba zusammen 34 Goldmedaillen. Fernández bedauert, dass das Kriterium des «sportlichen Verdienstes» im Punktekatalog des IOC überhaupt nicht auftauche. Sein Land habe aber mit den Panamerikanischen Spielen von 1991, bei denen 28 Sportarten ausgetragen wurden, den Beweis für die Organisation von Großereignissen erbracht.
An vorhandener Infrastruktur nennt Fernández an erster Stelle das für diese Spiele 1991 geschaffene Stadion am Ostrand von Havanna mit 40 000 Plätzen. Außerdem seien Hallen, Schwimmhallen und Tennisplätze vorhanden. Alles liege dicht beieinander. Der NOK-Vorsitzende ist gegen «pharaonische Bauten» und erinnert daran, dass das Olympiastadion in Montréal bereits wieder abgerissen werde. In der 110 000 Zuschauer fassenden Arena von Sydney habe er von der Ehrentribüne aus die Gesichter der Sportler nur mit dem Fernglas erkennen können.
Zu den Finanzierungskonzepten der Kubaner äußert sich Fernández nur vage. Nach der Grundrechnung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) muss ein Ausrichter allein für die Organisation Olympischer Spiele mit rund zwei Milliarden Dollar rechnen, die Infrastrukturkosten sind darin noch nicht enthalten. Was an Infrastruktur noch fehle, könne gebaut werden, sagt der NOK- Präsident. Havanna verfüge gegenwärtig über 12 000 Hotelzimmer. In ganz Kuba seien es 36 000, pro Jahr kämen 3000 bis 4000 hinzu. Auf die vom IOC geforderte Zahl von 42 000 Hotelbetten angesprochen, fasst sich Fernández an den Kopf: «Dann können wirklich nur noch die ganz großen Länder Olympische Spiele organisieren. Das ist ungerecht, genauso, wie es ungerecht ist, ein Stadion mit 100 000 Plätzen zu verlangen, das nachher nicht mehr gebraucht wird.»
IP gespeichert
|