US-Regierung fährt unklare Migrationspolitik gegenüber Kuba In den langjährigen Streit zwischen Kuba und USA im Umgang mit kubanischen Auswanderern kommt Bewegung. Washington hat die Rückführung der 15 Kubaner angekündigt, die sich letzte Woche vom ostkubanischen Hafen Nuevitas aus mit einem entführten Passagierschiff in die USA absetzen wollten. Havanna würdigte die Entscheidung als wertvollen Beitrag Washingtons dazu, den Strom der illegalen Auswanderer einzudämmen.
In einer offiziellen Mitteilung am Montag bekräftigte die Regierung von Staatspräsident Fidel Castro, die bilateralen Migrationsabkommen einzuhalten und im Umgang mit den Kidnappern Milde walten zu lassen. Angesichts der außergewöhnlichen Umstände müßten die 15 mit einer Haftstrafe von höchstens zehn Jahren rechnen. Den bislang spektakulärsten Fall von Hijacking – die mißlungene Übernahme einer mit 50 Passagieren besetzten Fähre am 2. April – hatten drei der acht Täter mit dem Tod bezahlt. Die Hinrichtung brachte Kuba massive Kritik ein.
Jetzt verurteilte selbst James Cason, der Leiter der Interessenvertretung der Vereinigten Staaten in Havanna, in einem Kommuniqué die gewaltsame Übernahme von Schiffen und Flugzeugen als »extreme Verletzung« internationaler und bilateraler Migrationsabkommen. Die Stellungnahme wurde in Havanna als Zeichen der Entspannung gedeutet und in der Parteizeitung Granma dokumentiert.
Nach einer Massenausreise im Spätsommer 1994 hatten sich Washington und Havanna am 9.September jenes Jahres auf ein Migrationsabkommen geeinigt, mit dem eine sichere, legale und geordnete Emigration ausreisewilliger Kubaner gewährleistet werden sollte. Bestimmt wurde, daß Washington jährlich 20000 Visa für Kubaner ausstellt, die in die USA übersiedeln wollen. Erklärtes Ziel der kubanischen Regierung war von Beginn der Verhandlungen an der Schutz von Menschenleben. In der Meerenge zwischen Kuba und Florida kommt es bei Fluchtversuchen immer wieder zu Todesfällen.
»Wenn kubanische Bürger in die USA auswandern wollen, können sie dies nur über die legalen Wege tun«, heißt es in der Mitteilung des US-Vertreters Cason, die auch im staatlichen kubanischen Fernsehen gesendet wurde. Gewalttäter hingegen müßten mit langjährigen Haftstrafen rechnen und verwirkten grundsätzlich die Chance auf eine Aufenthaltsgenehmigung für die USA.
In diesem Sinne hat ein Bundesgericht im US-amerikanischen Miami den Kubaner Adelmis Wilson González schuldig gesprochen, am 31. März eine AN-24 in seine Gewalt gebracht und den Piloten zur Landung in den USA gezwungen zu haben. Dem Luftpiraten drohen 20 Jahre Gefängnis.
Die neue Politik Washingtons erstaunt vor allem deshalb, weil seit der Verabschiedung des »Cuban Adjustment Act« am 2.November 1966 die illegale Migration aus Kuba mit allen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten gefördert wurde. Das Gesetz enthielt einen weltweit einzigartigen Passus, nach dem Kubaner, sofern sie US-Territorium betreten, eine Aufenthaltsgenehmigung bekommen. Auch nach 1994 wurde das US-kubanische Ausreiseabkommen immer wieder von Washington verletzt. In keinem Jahr hielten sich die USA an die vereinbarte Visa-Quote. Es bleibt deswegen abzuwarten, wie substantiell die Ankündigungen des US-Diplomaten sind.
aus junge welt
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