Also gut, weil hier einige doch ganz schön drängeln und mir schon anonyme Drohungen schicken (
), aber auch, weil dieses Erlebnis nicht so richtig in den zu gegebener Zeit noch folgenden, eher nüchternen Wohnmobilbericht passen will:
Im fremden Revier gewildert Alles begann im "Titty Twister". So nannten wir nach der Biker-Kneipe aus dem Film "From Dusk till Dawn" den Restaurantkomplex "Taramar", der an der Via Blanca zwischen Havanna und Guanabo liegt, weil dieser Ort tagsüber vollkommen verschlafen und harmlos wirkt, nachts aber ...
Nachdem wir die Wohnmobile in Havanna übernommen und auch wohlbehalten die Via Blanca erreicht hatten, war unser erstes Ziel zunächst irgendein Restaurant am Wegesrand, denn wir hatten nach der mehrstündigen Übernahme gewaltigen Hunger. Es war Zufall, dass wir genau vor dem "Titty Twister" hielten. Ebenso Zufall war es, dass ich auf der Suche nach dem Klo einem Barmann begegnete, der mir ungefragt das allabendliche Tanzvergnügen empfahl, das ab 22:00 Uhr steigen würde und bei dem auch jede Menge Mädels zugegen sein würden. Nachdem ich noch erfuhr, dass die Marina Tararár, unser Stellplatz für die Nacht, nur wenige hundert Meter entfernt sein würde, war auch schon klar, wo wir sieben Desperados unseren Abend verbringen würden.
Am Abend dann machten wir uns zu Fuß auf ins "Titty Twister", denn keiner von uns wollte auf einen Alexander (sehr süffig, mit Milch oder Mandellikör?) oder sogar eine Caipirinha (letzteres allerdings für $ 2,50) verzichten; außerdem hatten wir keinen Nerv, die Fahrzeuge ständig wieder an- und abzukoppeln. Als wir gegen 22:30 Uhr den offenen Innenhof betraten (ohne Eintritt, besagter Barmensch begrüßte uns schon wie alte Bekannte), fielen schon etliche Mädchenblicke auf uns. [Hatte E-L-A nicht gesagt, es wäre dort in der Gegend, was das Nachtleben betrifft, tot?] Na, wir machten uns erst mal mit ein paar Drinks frisch, dann ging die Party ab! Keiner ließ sich lange bitten, und am Ende tanzten auch ausgesprochene Tanzmuffel unter uns. Alles drehte sich nur noch um uns - das ließen wir uns doch gerne gefallen ...
Irgendwann wurde der Disko der Saft abgedreht, ich weiß nicht mehr, wann. Ein zwielichtig wirkender Kubaner namens Y. (nein, nein, nicht Yumby, das ist doch ein Auto!) machte den Vorschlag, die ganze Partygesellschaft mit seinem Mikrobus für nur $ 1 pro Person an einen Ort zu bringen, an dem man prächtig weiterfeiern könne, sogar ein Pool wäre vorhanden! Gesagt - getan! Wir quetschen uns also alle in den Mitsubishi oder Hyundai, in dem schon zwei blutjunge Mädchen saßen. Das kam mir dann doch etwas kubanisch vor, und so fragte ich sie, woher sie denn kämen und wohin sie wollten. Sie sagten, sie seien Freundinnen des Fahrers und würden unterwegs abgesetzt werden. Naja, die waren zwar ganz offensichtlich noch keine 18, aber irgendwie war mir das dann auch egal, zumal sie ja vorher aussteigen wollten - wozu es dann aber nicht mehr kam ...
Aber zunächst ging die Fahrt erst mal los, über Stock und Stein mang den Busch. Ich dachte schon, wo will der denn mit uns hin, als sich von hinten zwei Scheinwerfer näherten - mitten in der Nacht und in dieser Einöde? Die Scheinwerfer kamen schnell näher - und dann kam auch noch ein lustiges Blaulicht zwischen ihnen hinzu! Plötzlich wurden die Mädels im Auto mucksmäuschenstill. Und der Fahrer? Gab Gas! ER GAB GAS!!! Wir rasten mit mehr als 100km/h durch die Prärie, immer schön auf der Straßenmitte, damit die Patrouille uns nicht überholen konnte. Die war mal hinter uns, mal fast neben uns, blieb aber immer dran. Und Y. fuhr und fuhr. Ich sah uns schon von Kalaschnikowsalven durchsiebt und fragte Y., ob er nicht langsam mal anhalten wolle. Er aber erwiderte nur "¡No problema!" und raste seelenruhig weiter. Mann, war der cool! Oder verrückt?
Nach geschätzten fünf Kilometern Fahrt hielt er dann doch endlich an und stieg gleich aus, um zu den hinter uns haltenden Polizisten zu gehen. Die holten aber erst mal Verstärkung, und so standen nach einer Weile gleich drei Ladas hinter uns. Im Bus wurde es mittlerweile drückend heiß, weil der Motor abgestellt war und die verdunkelten Fenster auf Betreiben der Mädels hin zu blieben. Die Fenster beschlugen von innen. Die Mädels hatten die Hosen offensichtlich gestrichen voll, die Stimmung war beklemmend. Eine war sogar so aufgeregt, dass sie versuchte, sich in dem Mief eine Zigarette anzuzünden, was von mir in letzter Sekunde vereitelt werden konnte. Es wurde sich hin und her umgesetzt, plötzlich sollten wir sie nicht mehr kennen und vor allem nicht mit ihnen sprechen, das Übliche eben. Meine Freunde waren zu betrunken, um die Gefahr zu erkennen, in der auch wir wegen der beiden minderjährigen Freundinnen von Y. schwebten, die wir noch nicht hatten absetzen können. Verdammte Scheiße! Dann kam ein Polizist und leuchtete mit einer Taschenlampe ins Innere des Busses, die Mädels duckten sich. Er ging aber wieder weg, ohne uns aufzufordern auszusteigen oder die Türen des Busses aufzumachen. Puhh!
Nach etwa 30 min, wir waren dem Erstickungstod nahe, kam endlich Y. wieder und stieg wortlos und mit versteinertem Gesicht ein. Er zog sein T-Shirt aus, um mit ihm die beschlagene Frontscheibe abzureiben, drehte den Zündschlüssel und fuhr los. Die Scheinwerfer in unserem Nacken blieben zurück ...
Wir fragten ihn, was nun los sei. Er machte eine Siegerpose und sagte dann grinsend: "Party!!!" Mann, war der cool! Oder verrückt? Wie hatte er es nur geschafft, unsere Verfolger abzuwimmeln? Er sagte es mir, fast schämte er sich dabei, aber stolz war er auch: Sein Vater war der hiesige Polizeichef ...
Nach wenigen hundert Metern musste Y. erneut anhalten, eine der Chicas musste sich übergeben, es war wohl zu viel Aufregung für sie gewesen. Endlich kamen wir dann aber doch am Ziel an, einer Ferienanlage für Kubaner irgendwo in der Wallachei. Und Y. hatte nicht gelogen: Es gab einen Pool, ein paar Imbissbuden und eine Disko, die sogleich kubanisch laut eingeschaltet wurde, als wir eintrafen. Und dann gab es kein Halten mehr nach dieser Aufregung: Alle stürzten sich in den Pool. Ob nun mit Bekleidung oder ohne, bleibt eurer Fantasie überlassen ...
Als wir zurückfuhren, graute schon der Morgen.