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Parmalat: Die Kuba-Connection (Gelesen: 1272 mal)
31. Dezember 2003 um 15:48
charanga   Ex-Mitglied

 
Milchkönig Calisto Tanzi ist geständig

Der Ex-Parmalat-Chef gibt zu, 500 Millionen Euro aus dem Lebensmittelkonzern abgezweigt zu haben. Um Bilanzlöcher zu stopfen, ersann er zudem spektakuläre Scheingeschäfte - beispielsweise mit Kuba. Nun drohen ihm mehrere Jahre Gefängnis
aus Rom MICHAEL BRAUN

Als er am Wochenende verhaftet wurde, spielte Calisto Tanzi noch die verfolgte Unschuld. Bloß um die 500 Euro habe er in den letzten Jahren aus den Firmenkassen des ihm mehrheitlich gehörenden Lebensmittelkonzerns Parmalat abgezweigt, sagte er in einem Teilgeständnis. Schon einen Tag darauf wurden aus den 500 dann 500 Millionen Euro: Bei seiner ersten längeren Vernehmung durch die Staatsanwaltschaften Mailand und Parma gab der 65-jährige Tanzi zu, ziemlich tief in die Kassen seines Konzerns gelangt zu haben.

Das Geld habe dazu gedient, die hohen Verluste bei dem Tourismusunternehmen Parmatour auszugleichen. Parmatour jedoch gehört nicht zum Parmalat-Konzern, einer Aktiengesellschaft, die mehrheitlich von Tanzi gehalten wird, sondern ist direkter Familienbesitz der Tanzis. Die Umlenkung der Gelder war also schlicht Unterschlagung.

Aber auch das 500-Millionen-Geständnis allein vermag die Milliardenpleite der Parmalat nicht zu erklären - schließlich geht es um 10 bis 13 Milliarden Euro, die in der kreativen Buchführung des Konzerns verschwunden sind.

Aus den Vernehmungsprotokollen der engsten Tanzi-Mitarbeiter sickern Details durch, die deutlich machen, wie das Milchunternehmen mangelnden Markterfolg durch Erfindungsgabe zu ersetzen wusste. So wurde bloß auf dem Papier Milchpulver nach Kuba exportiert. Die - natürlich auch bloß auf Papier entstandenen - Gewinne dienten dazu, Bilanzlöcher zu stopfen. Weil das Tanzi und seinem Finanzchef Fausto Tonna so gut gefiel, stiegen die fiktiven Exportmengen nach Kuba rasant. Schließlich zog ein Mitarbeiter die Bremse. Seinen Chefs sagte er, die ganze Kiste beginne unglaubwürdig zu werden, die Kubaner seien mittlerweile "bis über die Haarspitzen mit Milchpulver eingedeckt".

Auch dieses Scheingeschäft bestätigte Tanzi im Verhör. Er übernahm die Verantwortung für die Konzernbetrügereien. Nur um das "Technische" hätten sich seine Mitarbeiter gekümmert. Er bestritt aber, Konten im Ausland zu besitzen.

Dennoch bleibt Tanzi in Haft, nicht nur wegen Flucht-, sondern auch wegen Verdunkelungsgefahr. Noch unmittelbar vor Weihnachten, als die ersten Verhöre von Parmalat-Mitarbeitern schon liefen, hatten der gerade geschasste Firmenchef und seine Mittäter die mit den Fälschungen Betrauten zur Vernichtung der Beweise aufgefordert. So berichtet ein Buchhalter, man habe ihm gesagt, er solle seinem Laptop ein paar kräftige Hammerschläge versetzen.

Tanzi muss mit einer Anklage rechnen, die für eine langjährige Haftstrafe gut ist. Schwerer Betrug, Unterschlagung, Börsenbetrug, Bildung einer kriminellen Vereinigung mit dem Ziel des betrügerischen Bankrotts sind die Hauptanklagepunkte. Vermutlich werden mindestens zehn weitere Personen aus seinem engsten Umfeld als Mittäter zur Rechenschaft gezogen. Dazu gehören sein Sohn, seine Tochter, die ehemaligen Finanzchefs und einige Buchhaltungsangestellte, aber womöglich auch zwei Mitarbeiter der für die Buchprüfung bei Parmalat zuständigen Firma Grant Thornton.

Und noch eine weitere Firmenpleite zeichnet sich ab: Der Caliasto Tanzi zu 99 Prozent gehörende Erstliga-Fußballclub AC Parma kann dem Bankrott nur entgehen, wenn er schnellstens Teile der Mannschaft verkauft.

taz Nr. 7246 vom 31.12.2003, Seite 11, 112 Zeilen (TAZ-Bericht), MICHAEL BRAUN

 
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