So, hier gehts weiter.
Bin mal gespannt auf eure Kommentare.
Fortsetzung Teil 2
2. Teil
Fischen auf Varadero – oder wie Geld den Charakter verdirbt
Am Sonntag sollte es losgehen. Großes Fischessen für alle Reiseteilnehmer. Mit der kubanischen Familie war alles bereits abgesprochen. Deren großer Garten eignet sich hervorragend für Fiestas der umfangreicheren Art. Auch ist das Gelände gut versteckt, reichlich abgelegen vom Dorf und außer ein paar unmittelbaren Nachbarn mit denen man sich gut versteht, wohnt dort kein Mensch im Umkreis von 1 Kilometer.
Die Chefin des Hauses und einige Nachbarinnen erklärten sich sofort bereit, sämtliche Zutaten zu organisieren und zuzubereiten, Obst und Gemüse für Salate und Beilagen wurde herbeigeschafft, die Männer hoben wieder eine kleine Grube aus für das Holzkohlefeuer.
Für die Zutaten aus dem Dollarshop war meine Reisegruppe verantwortlich. So wurde zuerst reichlich Öl zum braten eingekauft. Den Havanna-Club-Rum „Añejo Blanco“ und etliche Kisten „Bucanero“- Bier sowie ein Gebinde Cola hab ich in meiner Lieblings- Tienda am „Las Terrazas“ bereits 2 Tage vorher geordert und man stellte alles schön kalt, so dass es am Sonntagabend kurz vor Ladenschluss abholbereit stand. Wenn auch sonst in diesem Lande nichts klappt, aber in diesem Laden funktioniert fast alles, zumindest für alte Bekannte wie mich.
Auch ein „Discjockey“ und selbst ein Aufpasser an der Tür waren für den Sonntag bestellt.
Ein Türsteher muss bei solchen Feiern mit Auslandsbeteiligung immer da sein, sonst ist das Bier in null Komma nichts alle, paar Minuten danach auch der Schnaps, und keiner ist es gewesen. Kubaner scheinen es auf Kilometer zu riechen, wenn irgendwo eine Party stattfindet, die von Ausländern bezahlt wird, denn dann kommen sie heraus aus ihren Löchern wie die Ameisen, wenn irgendwo ein Stück Zucker herumliegt. Sind einfach Erfahrungswerte der Hausherrin und auch meine.
Das einzig was jetzt noch fehlte war der Fisch. Und der sollte am Samstag in Varadero gefangen werden.
In unserem Dorf leben einige Fischer mit Lizenz und reichlich Erfahrung. Auf die Idee mit der Fischparty bin ich erst durch diese Jungs gekommen. Sie sprachen mich der Tage an, ob ich denn mal mit meinem Leihwagen nach Varadero fahren könnte, da sei ein exzellenter Platz zum Fischen, eine tolle geheime Stelle, wo einige schon öfters jede Menge Riesenfischzüge gelandet hatten. Es sollte ein Geschäft werden. Die Kosten für den Sprit durch 4 geteilt, der Fang ebenfalls. Na bei den in Aussicht gestellten Mengen dachte ich mir, kann man nichts falsch machen.
Das hab ich meiner Reisegruppe erzählt. Drei von denen wollten daraufhin spontan natürlich auch mitfahren zum schnorcheln und zusehen. Jetzt hatte ich ein Problem. 7 Leute passen zwar mal kurzzeitig in einen Suzuki- Vitara rein, aber nicht auf diese Strecke. Da hieß es auf bewährtes zurück zu greifen. Also wurde kurzerhand „Yumby“ angeheuert, jener Nachbar mit der alten klapprigen Amikiste, der mich schon so oft nach Havanna, zum Flughafen, zur Immigration und sonst wohin chauffiert hatte. Der Preis wurde ausgehandelt. Samstag früh 5 Uhr geht’s los,
Im Morgengrauen des Samstag versammelten sich allerdings nicht die Fischer, sondern Yumby kam mit seiner neuesten Errungenschaft im Arm. Es war die kleine blonde niedliche aus Taramar. Dass er sich hatte von seiner Frau scheiden lassen, ist mir wegen Abwesenheit entgangen. Seine Frau, das war übrigens die mit der außergewöhnlich seriösen Familie – ich berichtete im Februar letzten Jahres von einem Besuch. Da war er also plötzlich mit dieser Profi- Jinetera zusammen. Offensichtlich kamen sie gerade aus der Diskothek oder von dem, was man üblicherweise danach so macht. Jedenfalls fuhr Yumby nicht selbst, er heuerte noch den Käseschmuggler als Chauffeur an.
Das hätte mir eigentlich schon zu denken geben sollen, aber erstens ist zu solcher Stunde mein Verstand auch noch nicht auf Höchstleistungen und zweitens kenn ich Yumby schon seit Jahren und alles lief bisher bestens. Jedenfalls fuhr der alte Chevy mit den hinzugestiegenen Fischern schon mal los, ich musste noch meine 3 Leute zusammentrommeln. Der Jeep ist eh schneller als die alte Kiste. Kurz vor Matanzas hatten wir die Maschine eingeholt.
Zwei Dollar Eintritt beim Befahren von Varadero! Und die größte Frechheit: beim Verlassen das selbe noch mal. Jetzt verstehe ich auch, warum die AI-Pauschaltouris dieses Internierungslager kaum verlassen. Die Kubaner hingegen bezahlen jeweils nur 2 Peso, also umgerechnet 8 Cent. Das ist überaus freundlich den ausländischen Besuchern gegenüber. Wenn wir so was hier in Deutschland mit Ausländern machen würden, die Zentralräte der ganzen Welt würden uns sofort als böse Nazifaschistenschweine oder sonst was bezeichnen.
Dass sich Varadero so lang hinzieht hätte ich nicht gedacht. Vom Flieger aus sieht das Teil nach fast nichts aus. Etwa eine halbe Stunde haben wir gebraucht, um bis zu der vermeintlichen Stelle am letzten Zipfel vorzurücken. An einer Baustelle war plötzlich Halt. Nichts geht mehr. Die Fischer waren sich aber sicher, dass genau hinter dieser Baustelle auch genau jene Stelle sein müsste, nämlich die mit den vielen Fischen. Nur standen wir vor einer von vielen Hotelbaustellen, die wegen permanentem Materialdiebstahl stets hermetisch abgeriegelt sind. Umfahren auch unmöglich, weil Sumpfgelände. Der einzige für Fahrzeuge passierbare Weg zum äußersten Ende führte mitten durch diese Baustelle und da war erstens der Zaun und zweitens ein Wächter, welcher niemanden durch ließ.
Was tun? Die Fischer hatten ja auch ziemlich schweres Gerät dabei. Harpunen Marke Eigenbau, die einer russischen Panzerfaust ziemlich ähnlich sahen, ferner Bleigewichte, Masken, Schnorchel, Flossen und mehr. Also zu Fuß außen rum. Das war möglich. Jetzt sprach mich Yumby an, wie es denn nun weitergehen solle. Hier an der Baustelle zu warten hätte er keine Lust. Meine Leute, die Fischer und ich wollten allerdings zum Strand. Yumby, seine Putica und der Käseschmuggler hingegen hätten es gern gehabt, dass ich oder wer auch immer, denen einen netten mehrstündigen Restaurantaufenthalt finanzieren. Doch das war so nicht vorgesehen. Schließlich bat mich Yumby schon mal um das Geld, welches für die Fahrt vereinbart worden war, damit er und seine Anhängsel sich was zu essen kaufen und die Zeit vertreiben könnten. Ich gab ihm etwa die Hälfte des vereinbarten Preises.
Zu Fuß setzten wir uns in Bewegung um die Baustelle herum bis zu einem „naturbelassenen“ Strand. Außer einigen überdimensionalen Plastikröhren störte auch nichts den Anblick. Man fragt sich sowieso, für wen dort noch mehr Hotels in die Landschaft gekracht werden, na ja, soll nicht mein Problem sein. Die Fischer suchten sich eine Stelle aus, und ab ging es in die Fluten. Zwei von unserer Gruppe gingen zum schnorcheln mit raus, ich blieb mit einem am Strand, mir war es irgendwie zu kalt. Wahrscheinlich hat sich im Laufe der Zeit in mir doch eine gewisse Kubanisierung vollzogen.
Nach einer halben Stunde kamen die beiden Schnorchler wieder raus und schimpften über die Strömung, die Kälte und die schlechte Sicht unter Wasser. Von den Fischern fehlte jede Spur.
Nach etwa drei Stunden tauchten sie wieder auf. An deren Gesichtern sah ich schon, dass sich die Frage nach dem Fang wohl erübrigt haben dürfte. Ganze zwei kleine blaue Fischlein hingen am Drahthaken. Lange wurde ausgewertet, wieso und warum. Man kam zu dem Resultat, dass dies dann doch nicht die richtige Stelle gewesen sein könnte. Einerseits zu starke Strömung und außerdem hat wohl der Baulärm die Fische vertrieben. Jetzt hatte ich wieder ein Problem. Nämlich morgen zum Sonntag noch reichlich frischen Fisch aufzutreiben.
Doch ein weiteres Problem ließ nicht lange auf sich warten. Am Platz, dort wo unser Jeep Stand, war kein Yumby zu sehen. Na ja, dachte ich mir, der wird wohl noch in irgend einem Freisitz abhängen. Ich sagte den Fischern kurz bescheid, dass wir mal ne Runde drehen. Aber wie soll man auf Varadero ein einzelnes Auto ausfindig machen. Andererseits ist die Auswahl an Nahrungsabgabestellen gegen Bares nicht all zu groß, da ja in fast allen Bunker nur gegen Vorzeigen eines bunten Bändchens am Arm überhaupt Einlass gewährt und Nahrung verteilt wird. Schließlich fanden wir eine öffentliche Kantine an einem Yachthafen namens „Marina“. Ein Kaffee und 2 Bier mussten sein, dann ging es zurück an die Inselspitze. Vielleicht ist der Chevy mittlerweile da.
Das einzige was da stand, waren die Fischer mit saurer Mine. Jetzt musste ich doch mal nachfragen, zu welcher Uhrzeit sie denn überhaupt den Treffpunkt ausgemacht hätten. Als lapidare Antwort bekam ich zu hören: „Na der ist doch gefahren“. Ich sagte, das sei mir bekannt, dass er was essen gefahren sei. Darauf: „Nein, der ist nach hause gefahren, ihm wäre es zu langweilig hier stundenlang zu warten ohne Essen und Trinken“. Jetzt drehte ich bald durch. Die Fischer wussten also schon von Anfang an, dass der Typ sich verpissen wollte. Mir hat das keiner gesagt, sonst hätte ich ihm ja wohl kaum die Anzahlung gegeben. Unvorstellbar, haut der mit der Hälfte der Kohle ab, anstelle zu warten und dann alles zu kassieren, überlässt seine eigenen Leute ihrem Schicksal, wohlwissend, dass ich keine 7 Erwachsenen mit Ausrüstung in dem kleinen Jeep mitnehmen kann. Unglaublich. Ist dem nun die Kohle zu Kopf gestiegen, dass er es nicht mehr nötig hat und auf immerhin 25 Dollar einfach so verzichtet? Oder hat seine Puta ihm den Kopf verdreht? Wahrscheinlich beides. Schließlich partizipiert er ja auch von ihrem Geld, und die nimmt nicht gerade wenig ein.
Irgendwie hab ich immer ein gewisses Verantwortungsbewusstsein, so was käme mir im Traum nicht in den Sinn. Aber das ließ sich nun alles nicht ändern. Den Fischern musste geholfen werden, von dieser Insel weg zu kommen. Nahverkehr existiert dort oben keiner. Die nächste halbwegs akzeptable Möglichkeit, in unsere Richtung zu gelangen ist Matanzas. Also hab ich meine Reisegruppe noch mal für eine Stunde in die Kantine gefahren, dann die Fischer abgeholt und nach Matanzas gebracht, noch 2 mal Ein- und Austritt bezahlt und 100 Kilometer verheizt.
Doch es wäre zu schön gewesen, wenn das schon alles gewesen wäre. Ab Matanzas fährt ja ein Zug direkt bis in unser Dorf. Nur an diesem Tag nicht, es fehlten 4 Meter Oberleitung, die irgendwie runtergefallen waren, und das sollte am Montag auch gleich repariert werden.....
Von der Kondition, der Zeit und dem Spritetat her konnte ich die Jungs aber leider nicht separat nach hause fahren. Ich hatte zu viel davon heut schon in den Sand gesetzt. Und alle Mann übereinander, das hätten meine immerhin zahlenden Reisenden nie und nimmer mitgemacht. Also hab ich die Jungs am Ende den „Amarillos“ übergeben. Das sind die Uniformierten an jedem Ortsausgang, die das Fahren per Anhalter staatlich organisieren und schön aufpassen, dass sich niemand vordrängelt und dass auch jedes staatliche Auto, was noch Platz hat, auch brav Anhalter mitnimmt, so viele eben reinpassen.
Wir sind dann gegen 16 Uhr etwa zuhause angekommen, die Fischer waren erst gegen 23 Uhr da. Aber Fisch für morgen hatte ich immer noch keinen. Und es waren etliche Leute angesagt.
Doch wie das so oft in Cuba ist. Zuerst stellt man sich etwas vor, macht einen Plan und nichts funktioniert, aber auch alles geht schief. Und am Ende ist alles irgendwie doch gut gelaufen. Gleich am nächsten Vormittag bin ich zu unserem Strand nach Santa Maria runter gefahren. Das ist wahrlich nicht gerade der paradiesischste Fischgrund. Ab und zu verkauft aber mal jemand etwas von seinem Fang. Nur heute nicht. Hab jeden Bademeister, Parkplatzwächter und Pizzaverkäufer angesprochen. Nichts zu machen. Gegen Nachmittag hab ich dann doch noch einem Fischer seinen gesamten Fang abkaufen können. Sofort bin ich damit los, und habe die Fische der Köchin noch rechtzeitig überreichen können. Die Party am Abend wurde dann ein voller Erfolg.
e-l-a