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Wer liebt noch Fidel? (Gelesen: 3263 mal)
30. Juni 2003 um 23:35
errue   Ex-Mitglied

 
Wer liebt noch Fidel?
Brief aus Havanna
von Jochen Jäger

Martha G. ist Studentin, sie kennt ihren Fidel, doch das hier ist neu. Vor Martha liegt "Granma", Kubas Parteiorgan. So eine "Granma"-Zeitung hat immer acht Seiten und Rubriken wie üblich: Nationales, Internationales, Kultur, Sport. Die hier nicht. Diese "Granma" hat nur ein Thema: Castro vor Studenten in Argentinien. Die ganze Rede. Volle sechs Seiten. Auf anderthalb quetscht sich der Rest der Welt.


Wie gesagt, Martha G. ist Fidel-Expertin und kennt alle Rekorde. Dass der "Alte" im 44. Jahr am Ruder sei. Dass er um die 600 geplante Attentate überlebt habe, gerade dabei sei, den 10. US-Präsidenten politisch zu überleben, und mit zehn Stunden unangefochten die Bestzeit in der Rubrik "längste Rede ohne Manuskript" halte.


Das hier aber war nie: Noch nie habe Castro im Ausland knapp drei Stunden gesprochen, und noch nie habe "Granma" so viel Rede gedruckt. Martha G. kann kaum glauben, was sie erblickt. Das kubanische Staatsfernsehen hat eine Wiederholung des Auftritts gesendet, am dritten Tag in Folge zur Prime Time. Junge Argentinier sind zu sehen, viele Tausend, wie sie vor der Juristischen Fakultät der Universität Buenos Aires den Platz belagern, und die Straßen, und die Wiesen drumherum. Bis zu 40 000 sollen es gewesen sein. Auf der Treppe: El Comandante, sehr schick, in Zivil. Er erklärt, was passiert, wenn Länder tun, was Amerika will. Länder wie Argentinien. Das Modell: neoliberal pur. Der Weg: steil bergab.


Castro spricht von Amerikas "nazifaschistischer Tyrannei", das lieben die Studenten, sie hängen an seinen Lippen. Alle paar Sekunden wird applaudiert, gejubelt, manche rufen "Viva!" oder "Bush faschista!" Keine Frage, das hier kann kaum inszeniert sein, das hier ist keine Jubel-Show wie etwa die Revolutions-Feiern in Havanna am 1. Mai. Das hier muss Liebe sein. Castro ist ein Popstar in Argentinien. Darum habe Cuba-TV die Rede dreimal ausgestrahlt, darum habe "Granma" sie gedruckt, 225 mal "Applaus" inklusive. "Fidels beste Eigenwerbung seit vielen Jahren", meint Martha und nickt.


Martha ist 23, Jura-Studentin und Sozialistin. Früher war sie in Fidel verliebt, sagt sie, wie fast alle in ihrem Alter, und wie jetzt keiner mehr. Gewiss, jeder in Kuba habe Respekt vor dem "Alten". Aber Liebe?


"Schauen Sie sich doch um", sagt sie. Es ist Regenzeit in Havanna, zweimal am Tag fällt der Himmel herunter, die Luft ist voller Wasser. Auf der "Rampa", der Hauptstraße des Vedado-Viertels, stehen mehr Polizisten als Passanten. Die "Granma" meldet einen Wirtschafts-Erfolg nach dem anderen. Beim Bäcker gab es drei Tage in Folge kein Brot. In Centro Havanna ist letzte Woche ein Haus eingestürzt.


Es sei schon seltsam, sagt Martha G. Sie war auch mal so wie diese Argentinier, damals, bevor sie lernte, was Sozialismus real ist. Und jetzt, da werde ihre Generation von den Bauernopfern der Globalisierung links überholt. Ein bisschen neidisch guckt sie dabei, als wünsche sie sich ihre alte Naivität zurück. Die sollten sie mal besuchen kommen, diese Sandkastensozis, sagt sie, dann würden sie sehen, wofür sie sich begeistern: für Propaganda, Polizeistaat, Korruption, Bürokratie. Die sollten ruhig kommen. Und auf der Rückreise, da nähmen sie den Alten am besten gleich mit.
 
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Antwort #1 - 01. Juli 2003 um 11:52
el_loco_aleman   Ex-Mitglied

 
Zitat:
Und jetzt, da werde ihre Generation von den Bauernopfern der Globalisierung links überholt.

Wie wahr. Wer aber Opfer ist, dem ist es scheißegal, ob es ihm in Argentinien oder in Cuba beschissen geht.
Eigentlich ist Cuba dabei noch die bessere Wahl, denn nirgendwo in der Karibik kommt man so leicht an die Dollars verschwenderischer Touris ran wie in Cuba.

 
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Antwort #2 - 01. Juli 2003 um 12:42

uwe   Offline
Administrator

Geschlecht: male
Beiträge: 1895
*****
 
Zitat:
.. denn nirgendwo in der Karibik kommt man so leicht an die Dollars verschwenderischer Touris ran wie in Cuba.
wenn sich selbst verkaufen leicht ist, hast du vielleicht recht.
 
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